Sehr geehrte Vereinsvertreter,
liebe Fußballfreunde,

am Mittwoch ist also – wie inzwischen wohl allgemein bekannt - die einstimmige Entscheidung durch das ÖFB Präsidium (13 stimmberechtigte Mitglieder), dem auch ich angehöre, gefallen.  Wie ich in meiner letzten Information II vor Ostern bereits anklingen habe lassen, ist mir durchaus bewusst, dass diese Beschlussfassung nicht bei allen Vereinen gleichermaßen Zufriedenheit hervorruft. Es ist verständlich und mir auch klar, dass es Härtefälle gibt und eben nicht alle Interessen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden konnten. Diese Situation gibt es derzeit aber nicht nur im Fußball.

Ich will aber absichtlich in diesem Zusammenhang nicht von „Gewinnern“ und Verlierern“ sprechen. Verlierer in dieser ganzen Situation ist nämlich ohnedies und zu unser allem Bedauern der Sport als solcher. Als Gewinner können sich all jene betrachten, die diese Krise gesund überstehen und die keine Familienmitglieder oder Freunde an dieses Virus verloren haben.

Als grundsätzlich positiv empfinde ich es, dass nun endlich Klarheit über das weitere „Schicksal“ der Meisterschaft immerhin bis zur Regionalliga herrscht. Gleichzeitig müssen wir uns aber auch vor Augen halten, dass der Neustart im Herbst noch nicht gesichert ist, da derzeit niemand den weiteren Verlauf und die dafür notwendigen Maßnahmen abschätzen kann (Thema „Zweite Welle“, usw.).

Da diese Entscheidung bei manchen – für mich auch verständlich - auf Unverständnis stößt, ist es mir ein Anliegen, in diesem Rahmen in aller Kürze darzulegen, warum diese Entscheidung so ausgefallen ist und warum es – vor allem unter Bedachtnahme auf das vom ÖFB eingeholte Rechtsgutachten – keine Alternative dazu gibt.

Ich gehe davon aus, dass doch viele von Euch grundsätzlich Verständnis dafür aufbringen können, dass eine Meisterschaft, die nicht - wie am Beginn jeder Meisterschaft festgelegt bis spätestens 30.06. - zu Ende gespielt wird bzw. wegen behördlicher Vorgaben nicht zu Ende gespielt werden kann, auch nicht gewertet werden kann, es also keinen Meister, Auf- oder Absteiger, geben soll. Zu diesem Ergebnis kommt auch Dr.  Martin KAROLLUS, ein renommierter Universitätsprofessor an der Johannes Kepler Universität Linz in seinem Rechtsgutachten. Mit diesem Gutachten habe ich mich ausführlich befasst und es genau nach jenen Kriterien betrachtet, wie ich es auch in meiner ehemaligen jahrzehntelangen Tätigkeit als Berufsrichter getan hätte.  Ist es schlüssig, ist es nachvollziehbar und ist es in sich widerspruchsfrei? Das Rechtsgutachten erfüllt alle diese Kriterien, weshalb es auch von ALLEN Präsidiumsmitgliedern für die Entscheidung herangezogen wurde.

Dieses von mir vorhin angesprochene Verständnis ist auch aus unseren gültigen Bestimmungen (Meisterschaftsregeln des ÖFB usw.), die von uns über Jahre erarbeitet, beschlossen und eingehalten wurden, abzuleiten. Dennoch weisen die Bestimmungen zugegebenermaßen aber auch insofern Lücken auf, als sie für eine so spezielle Situation, wie wir sie jetzt vorfinden, keine ausdrücklichen Regeln beinhalten. Diese Lücken sind natürlich dem Umstand geschuldet, dass wohl niemand von uns und folglich auch niemand von den bestimmungsgebenden Organen im Fußball damit gerechnet hat, dass die ganze Welt und damit auch der Fußball einmal vor einer solche Herausforderung gestellt werden.

Für die Zukunft gilt es, unsere Bestimmungen entsprechend zu ergänzen und explizit festzuschreiben, ab wann die Voraussetzungen für die Wertung eines Bewerbes vorliegen und welche genauen Konsequenzen damit verbunden sind.

Das Präsidium des ÖFB hatte angesichts der Brisanz und der Dringlichkeit dieser Angelegenheit, keine Möglichkeit, die Vereine (weit mehr als 2000 in ganz Österreich) durch Umfrage direkt in den Entscheidungsprozess einzubinden.

Ich persönlich habe mir in meiner Aufgabe als Interessensvertreter aller (!) Tiroler Vereine – welche ich sehr ernst nehme – im Präsidium des ÖFB die letzten Wochen all eure eingegangenen Meinungen zu Herzen genommen und sämtliche Szenarien durchgedacht.

Schlussendlich gab es aber keine andere Auslegungsmöglichkeit unserer Bestimmungen, vor allem nicht in Richtung einer Beendigung unter Beibehaltung der Wertung / „Wertung trotz Beendigung“. Der Grund dafür ist relativ einfach – es wurden schlichtweg noch nicht alle vorgesehenen Spiele durchgeführt, weshalb das Mindesterfordernis für einen regelkonformen Meisterschaftsbewerb laut § 11 Absatz 1 der Meisterschaftsregeln des ÖFB (jeder Verein muss gegen jeden anderen Verein seiner Klasse zumindest zweimal antreten)nicht erfüllt ist. Der 30.06.2020 ist ein zwingender Endtermin für die Durchführung der Meisterschaftsbewerbe, weil ansonsten vor allem wegen des Auslaufens von Spieler- und Leihverträgen kein fairer und sportlicher Wettbewerb gewährleitet gewesen wäre. Schließlich muss auch jeder Verein darauf vertrauen können, dass eine Meisterschaft nach den Regeln gespielt wird, wie sie am Beginn der Meisterschaft feststehen (Prinzip des Vertrauensschutzes).

Für alle, die das Gutachten noch nicht kennen, folgt hier der entsprechende Link dazu, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass ab Seite 58 das Gutachten eine übersichtliche Zusammenfassung enthält (insbesondere Punkte 10. 11. und 12.)  https://www.oefb.at/oefb/Rechtsgutachten-zur-Corona-Pandemie-vom-15-April-2020.pdf

Das Präsidium des TFV, indem alle Bezirks- und Klassenobmänner stimmberechtigt sind, wird demnächst über die weitere Vorgehensweise (Ausschreibung der Meisterschaft 2020/2021, Mannschaftmeldungen, Reform der 2. Klassen usw.) beraten und entscheiden. Weiters gilt es die vier Teilnehmer des TFV für den ÖFB UNIQUA CUP 2020/2021 nach sportlichen und objektiven Kriterien festzulegen.

Selbst wenn wir uns leider  noch eine Weile in einer Phase befinden werden, in der wir stets neue Situationen vorfinden  und Herausforderungen in diesem Zusammenhang zu bewältigen haben, auf welche wir keinen Einfluss haben (behördliche Vorgaben), sollten  wir dennoch  gemeinsam positiv in die Zukunft schauen und uns vorsichtig, aber doch hoffnungsvoll auf einen Start im Herbst 2020 vorbereiten.

Gerne würde ich NEUES zur finanziellen Unterstützung der Vereine für die von ihr im Zusammenhang mit der CORANAKRISE erlittenen Schäden mitteilen. Es gibt in diesem Zusammenhang jedoch noch nichts Konkretes. Ich kann Euch aber versichern, dass der ÖFB intensiv mit Regierungsvertretern diesbezüglich laufend in Kontakt steht und demnächst entsprechende Ergebnisse präsentiert werden können, weil wie es der ÖFB Präsident bereits ausgedrückt hat, nur eine rasche Hilfe auch eine wirksame Hilfe ist. Natürlich bin ich diesbezüglich auch mit unserem Sportlandesrat LHStv Josef Geisler in Kontakt.

Es bleibt jedem Verein unbenommen, entsprechende rechtliche Schritte zu setzen, wenn er der Ansicht ist, dass das Präsidium des ÖFB rechtswidrig gehandelt hat.

Abschließend darf ich Euch noch um jenes Verständnis für mein Stimmverhalten und die Entscheidung des ÖFB Präsidiums ersuchen, das auch ich für die jetzt unzufriedenen Vereine habe.

Bleibt oder werdet gesund!!!

Mit sportlichen Grüßen

TIROLER FUSSBALLVERBAND
Dr. Josef GEISLER
Präsident